Scams: Nur nicht drauf reinfallen!
Es ist der Fluch und Segen von EVE Online zugleich: Spielern stehen praktisch alle Türen zur Freizeitgestaltung im Weltraum offen. Und sobald man (fast) alles machen kann, wandert natürlich ein Großteil der Zeit in die Planung, was viele Spieler anderer MMOs abschreckt und EVE als „Tabellenkalkulation mit hübscher Grafik“ abstempelt. Die Augen werden bei ebendiesen „Ungläubigen“ aber groß, sobald sie Geschichten über die kriminellen Machenschaften hören, die das Sandbox-Universum eröffnet.
Einige Piloten nutzen die Freiheit des Sandbox-Universums nämlich, um ihrer kriminellen Kreativität freien Lauf zu lassen – immerhin werden sie in EVE für Betrügereien und Gemeinheiten nicht so bestraft wie in der realen Welt. Die so genannten „Scams“, die daraus resultieren, sind natürlich ungeheuer ärgerlich für betroffene Opfer, doch über manche Einfälle einiger Meisterverbrecher muss selbst der Joker kurz seinen imaginären Hut lüften.
Da dieser Blog hauptsächlich für Neulinge wie mich gedacht ist, möchte ich daher heute ein paar der geläufigsten Scams näher vorstellen, damit ihr nicht selbst auf die miesen Tricks hereinfallt. Ich habe noch zu wenig im Spiel erlebt und blieb glücklicherweise von wirklich fiesen Betrügereien verschont, deshalb habe ich meine GM-Kollegen um Hilfe bei diesem Thema gebeten – schließlich hat kaum jemand bei CCP so viel mit Scams und das Aufeinandertreffen von Spielern zu tun wie meine Kollegen im Kundendienst.
Lest euch die folgenden Beispiele also aufmerksam durch und denkt daran: Wenn etwas zu gut aussieht, um wahr zu sein, ist es meist weder das eine noch das andere!
GM Bigglesworth macht den Anfang mit einem Schwindel, der vor allem gerne mit neuen Spielern getrieben wird – und für mich daher besonders relevant ist: Stationshandel-Betrügereien. Diese Art des Über-den-Tisch-Ziehens war mir bereits aus anderen MMOs als „Direkthandel-Betrug“ bekannt und setzt blitzschnelle Reaktionen beim Betrüger voraus.
Das Prinzip ist schnell erklärt: Jemand möchte etwas von euch kaufen, ein Handelsfenster wird geöffnet, der Betrag wird eingetippt, doch kurz bevor ihr den Deal akzeptiert, entfernt euer verruchter Handelspartner ein paar Nullen von der Summe – und in den meisten Fällen merkt ihr das erst, nachdem ihr geklickt habt und der Handel abgeschlossen ist. Das funktioniert natürlich umso besser, je höher der Betrag ist.
In EVE Online dreht sich dieser Scam meist um die Echtgeldwährung PLEX. Genau wie viele neue Spieler war auch ich versucht, meine virtuelle Geldbörse auf Kosten meiner realen zu vergrößern: Man kaufe eine PLEX für echtes Geld und verkaufe sie im Spiel für eine solche Menge ISK, bei der Neulingen die Kinnlade bis zum Boden kracht. Verkauft ihr die PLEX ganz normal auf dem EVE-Markt oder über die Verträge, kann relativ wenig schief laufen; doch sobald jemand im lokalen Chat anbietet, mehr für eine PLEX zu bezahlen als der aktuelle Kurs beträgt, sehen viele Spieler nur noch die ISK vor Augen – mir würde es da nicht anders gehen. Anschließend wird privat gechattet und sich darauf geeinigt, den Handel ohne Verträge abzuschließen – das geht einfacher, schneller und ohne Gebühren. Im Handelsfenster macht der Scammer dann das oben beschriebene: Er gibt einen Betrag ein, beispielsweise 600.000.000 ISK und gerade wenn ihr auf Annehmen klickt, entfernt er drei Nullen, so dass am Ende nur 600.000 ISK in eure Tasche wandern. Wer ganz genau aufpasst, sieht natürlich den neuen Betrag und kann den Handel rechtzeitig abbrechen, doch meist ist man – gerade als Anfänger – so nervös oder mit anderen Dingen beschäftigt, dass man auf diesen miesen Trick reinfällt…
Anti-Scam-Tipp: Nutzt zum Handeln am besten den Markt oder das Vertragssystem oder passt mit Adleraugen auf, was euer Handelspartner in den letzten Sekunden macht!
Ein weiterer beliebter Trick zielt vor allem auf die soziale Schiene des Spiels: Gerade Neulinge möchten sich möglichst früh einer Corporation anschließen, um alle Vorzüge von EVE zu genießen – und entdecken dabei manchmal die schlimmsten Seiten sozialer Interaktion. GM Huginn erlebte oft, wie sich neue Spieler nichtsahnend einer vertrauenswürdig erscheinenden Corporation anschlossen und dann von ihren „neuen Freunden“ hinterrücks beschossen und getötet wurden.
Beliebt ist es auch, neue Mitglieder zu überreden, ihr gesamtes Hab und Gut an ein Corp-Mitglied zu übergeben, um in das Hauptquartier der Corporation „umzuziehen“. Gutgläubige Anfänger lassen sich schnell dazu überreden, schließlich will man ja einen guten ersten Eindruck hinterlassen und die freundliche Corporation würde einen doch nie durch den Kakao ziehen, oder? Falsch, denn oft sehen die Betroffenen ihr Hab und Gut, nachdem sie es per Vertrag oder Handelsfenster einem Corporationsmitglied übergeben haben, nie mehr wieder. Bei blutigen Anfängern lohnt sich dieser „Scam“ natürlich nicht, doch sobald man sich nach einigen Spieltagen und -wochen ein paar brauchbare Schiffe und Module hart erarbeitet hat, tut es dafür umso mehr weh…
Anti-Scam-Tipp: Gebt euer Eigentum nicht einfach so aus der Hand und achtet bei Verträgen darauf, dass ihr keine Kurierverträge ohne Pfand erstellt!
Ein fortgeschrittener Wirtschaftsscam ist hingegen das so genannte „Margin Trading“, das mir GM Stinger näher erklärte. Dieser Betrug zielt vor allem auf Unternehmer oder Spieler ab, die sich durch den billigen Einkauf und den anschließend teuren Verkauf von Gegenständen ein paar (oder auch ein paar mehr) ISK dazuverdienen wollen.
Die Grundlage für den fiesen Handlestrick bildet der gleichnamige Skill „Margin Trading“, der die Höhe der Kaution für Marktangebote verringert – auf Stufe 5 um nicht zu verachtende 24%. Der Betrüger erstellt nun einen Kaufauftrag mit einem ziemlich hohen Betrag für einen eigentlich nicht besonders wertvollen Gegenstand; in dem Beispiel, das mir GM Stinger zeigte, waren es beispielsweise 1.500.000.000 ISK für eine Panzerungsbeschichtung, die normalerweise für einen Betrag mit drei Nullen weniger gehandelt wird. Der Betrüger zahlt Dank dem Skill nur einen Bruchteil der Kaution für den Kaufauftrag und transferiert anschließend all seine ISK zu einem Zweitcharakter. Wenn nun jemand versucht, seinen Kaufauftrag zu erfüllen, schlägt das fehl, da der Betrüger nicht genug Geld auf dem virtuellen Konto hat – das nennt man auch einen „falschen Kaufauftrag“.
So weit, so gut. Nun erstellt derselbe Spieler oder einer seiner Zweitcharaktere beispielsweise einen Vertrag, der neben anderen Objekten auch den Scam-Gegenständen enthält. In meinem Beispiel kostete das Komplettpaket inklusive zwei Panzerungsbeschichtungen 2 Milliarden ISK. Wer nun nur ISK in den Augen hat, kauft nun die überteuerten Panzerungsbeschichtungen mit der Aussicht, sie sofort wieder für 1,5 Milliarden Gewinn auf dem Markt an den Mann zu bringen – doch wie oben erwähnt schlägt dieser Kaufauftrag fehl und der Betrüger erhält am Ende den reinen Profit aus seinem Verkauf, während der Betrogene auf dem überteuerten Einkauf sitzen bleibt. Ein fieser Trick, der oftmals sogar als „Schnäppchen“ oder „Drunken Boy Order“ (weil derjenige, der den Kaufauftrag erstellt hat vermeintlich betrunken sein musste) im Chat angepriesen wird.
Anti-Scam-Tipp: Schaut bei dubiosen Angeboten am besten drei Mal hin – vor allem, wenn die angebotenen Module nicht so gut scheinen oder es nur wenig Kaufanfragen auf dem Markt gibt.
Irgendwo zwischen diesen kleinen Fischen und fiesen Kredithaien gibt es Spieler, die Wirtschaftsscams mit Pyramiden- oder Schneeballsystemen auf eine völlig neue Stufe heben. Den jüngsten dieser Scams stellte mit CCP Phantom vor. Er wurde von der Corporation „Phaser Inc.“ geführt und lockte Spieler mit der Aussicht an Gewinnbeteiligung an, in das Geschäftsmodell zu investieren. Die Investitionen benutzte die Firma dann, um reguläre Dividenden zu bezahlen, sich einen guten Ruf aufzubauen und so weitere Investoren an Land zu ziehen. Dann zahlten sie größere Dividenden aus, erhielten noch höhere Investitionen, bis sie das Geschäft eines Tages auflösten und das gesamte Geld einsteckten. Der Gesamtgewinn dieses jüngsten Scams betrug satte 1 Billion ISK (als Zahl 1.000.000.000.000!) – da hat sich der Aufwand doch gelohnt!
Anti-Scam-Tipp: Behandelt Investitionen in EVE genauso wie solche im realen Leben – ihr würdet doch auch niemandem einfach so ein paar tausend Euro geben, damit er ein Geschäft aufziehen kann, oder?
Hoffentlich fallt ihr nun zumindest nicht auf die hier genannten Betrügereien herein. Falls ihr selbst Opfer eines Scams seid oder Fragen habt, teilt eure Erfahrungen mit uns im offiziellen Forum: https://forums.eveonline.com/default.aspx?g=posts&t=335610
Eure CCP Shadowcat